Kürzungspläne an der Martin-Luther-Universität stellen massive Bedrohung für die Bildungslandschaft in Sachsen-Anhalt dar
Die Spar- und Kürzungspläne, die derzeit an der Martin-Luther-Universität in Halle diskutiert werden, bedeuten tiefe Eingriffe in die Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts. Sie sind das Resultat von mitunter mehr als 20 Jahre zurückliegenden Spardebatten, die unter völlig anderen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen stattgefunden haben. Doch sie wirken jetzt und gefährden auch weitere Kultur- und Bildungsbereiche, die mit der Universität und Hochschullandschaft in Verbindung stehen. So sind der interkulturelle Austausch und die kulturelle Vielfalt ebenso betroffen wie die wissenschaftliche Ausbildung und Spitzenforschung. Insbesondere in Anbetracht der gegenwärtigen Situation an den Schulen des Landes sind Einschnitte im größten Ausbildungsstandort für Lehrer*innen nicht nachvollziehbar und schädlich.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert sowohl die Landesregierung, die Landesrektorenkonferenz sowie das Rektorat der Martin-Luther-Universität auf, diesen Raubbau an der Universitäts- und der Hochschullandschaft zu stoppen und eine für den Erhalt des Wissenschaftsstandorts Sachsen-Anhalt angemessene Lösung zu finden.
Die Einschnitte, die sich abzeichnen, erscheinen wie ein Wegkürzen von unliebsamen oder unliebsam gewordenen Fächern und Fachbereichen, die in der Ideologie der unternehmerischen Hochschule als unwirtschaftlich wahrgenommen werden. Geringere Studierendenzahlen, zu wenige Dissertationen oder geringe Drittmitteleinnahmen sind zudem auch ein Resultat von Spar- und Kürzungsrunden der vergangenen Jahrzehnte.
Dass sich unter den zu streichenden Professuren auch solche befinden, die in der Lehrer*innenbildung wichtige Aufgaben übernehmen, wie der bereits seit längerem nicht besetzte Lehrstuhl für Lernbehindertenpädagogik am Institut Rehabilitationspädagogik, ist besonders empörend.
Die zur Kürzung stehenden rund 30 Professuren, 250 Mitarbeiter*innenstellen und bis zu 4.000 Studienplätze bedeuten für den Hochschulstandort Halle den Wegfall eines großen Teils der Bildungsinfrastruktur und ein wiederholtes Verschwinden von Innovationskraft für das Land. Die Arbeits- und Studiensituation wird sich für die verbleibenden Hochschulmitglieder verschlechtern und es besteht die Gefahr, dass das gesamte Lehrpersonal an der Universität überlastet wird. Diese Einschnitte haben somit nicht nur finanzielle und quantitative Folgen, auch die Qualität der Ausbildung und die Attraktivität der Hochschulen werden unter den neuerlichen Einsparungen leiden. Die langfristige Konkurrenz- und Innovationsfähigkeit wie auch Glaubwürdigkeit – nicht nur der Martin-Luther-Universität, sondern auch der Stadt Halle und des Landes Sachsen-Anhalt – stehen auf dem Spiel.
Gerade in der noch immer grassierenden Corona-Pandemie und vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden und die Zukunft bestimmenden Strukturwandels in Mitteldeutschland braucht es eine agile und gesunde Bildungs- und Kulturlandschaft, um den negativen Effekten dieser Veränderungen zu begegnen. Auch sorgt eine gut aufgestellte und ausfinanzierte Hochschullandschaft für sogenannte Klebeeffekte, die der Überalterung der Gesellschaft und Abwanderung von gut ausgebildeten und dringend benötigten Fachkräften entgegenwirken.

